Ich habe für mich persönlich festgestellt, dass mir eine Frage ganz besonders wichtig ist: Wie ist es passiert, dass ich in Hamburg gelandet bin und was hat das mit Kolonialismus und Rassismus zu tun? Darauf eine möglichst klare und bewusste Antwort zu haben, eröffnet einen Raum des Umgangs damit.
Meine Wurzeln sind unter anderem auf Puerto Rico, das nicht nur ein spanisches, sondern im 17. Jahrhundert auch ein deutsches Kolonialgebiet von Brandenburg-Preußen gewesen ist, zumindest ein Teil davon im Norden, die sogenannte Krabbeninsel. [1]
Es gab dort über Jahrhunderte hinweg im kolonialen Kontext eine Kontinuität von Besetzung, Ausbeutung, Vernichtung und Vertreibung. Die USA warfen Bomben ab und hinterließen Umweltschäden mit Folgen für die Gesundheit der Menschen vor Ort. Auch die Deutschen haben dort Schießübungen gemacht; es gab im 21. Jahrhundert eine deutsche Militärpräsenz.
Diese Kontinuitäten, das, was mit dem Land passiert, schreiben sich in die Biographien ein und setzen sich in den Generationen fort. Unter anderem die Generation meines Vaters wurde vom US-Militär angeworben. Viele Menschen wie mein Vater entschieden sich für das US-Militär, weil es eine Alternative zur Armut war, die ihre Wurzel unter anderem in kolonial-rassistischer Ausbeutung hat. Mit dem US-Militär ist mein Vater in Deutschland gelandet. Hier wiederum machen wir als Familie Rassismuserfahrungen auf allen Ebenen des alltäglichen Lebens und diese Erfahrungen werden Teil meiner Sozialisation, meines Aufwachsens und so ein Teil meiner Biographie. Rassismuserfahrungen sind für mich eine Fortführung kolonial-rassistischer Praxen. Jeden Tag aufs Neue. Sie hängen unmittelbar miteinander zusammen.
In Hamburg angekommen wird mir als erwachsene Person dann klar, wie wenig diese kolonial-rassistischen Hinterlassenschaften im Stadtbild aufgearbeitet und transparent sind. Wie bereits erwähnt gehört für mich Kolonialrassismus reflektiert, benannt und dass die Stadt Hamburg sich dazu eindeutig positioniert. Für mich persönlich mache ich es so, mir Dinge anzuschauen und mein Wissen und meine Fragen mit anderen zu teilen. Dabei ist für mich das Ziel kolonial-rassistische Historie, in welcher Form auch immer, zu benennen und transparent zu machen, sodass Menschen die Geschichte dazu kennen und sich dann selbst auch dazu positionieren können. Eine persönliche Konsequenz ist zum Beispiel, dass wir als Familie bestimmte Einrichtungen wie Hagenbecks Tierpark nicht besuchen. Zunächst nicht, weil wir nicht viel davon halten, eingesperrte Tiere zu betrachten, aber zum anderen auch, weil dort die sogenannten „Völkerschauen“ stattgefunden haben. Bis heute hat dazu keine kritische Aufarbeitung stattgefunden.